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Was WiQ mit „urbaner Resilienz“ zu tun hat

Veröffentlicht am 12. Mai 2021
Bild WiQ Resilienz
Foto: Stefan Heinig

Über die Rolle der Leipzig Charta für das Handeln vor Ort hatte ich bereits geschrieben. Was sich in der Leipzig Charta bisher kaum wiederfindet, sind Schlussfolgerungen aus den aktuellen Pandemieerfahrungen für die Stadtentwicklung. Deshalb hat das Bundesinnenministerium einen Expertenbeirat berufen, um in dem Memorandum „Urbane Resilienz“ diese Schlussfolgerungen zusammenzutragen. In dem Expertenbeirat waren u.a. Wissenschaftler, kommunale Praktiker und zivilgesellschaftliche Akteure unterschiedlicher Disziplinen vertreten. Auch ich durfte im Beirat mitwirken.

Resilienz in der Stadtentwicklung

Resilienz ist kein neuer Begriff. Er taucht in der Psychologie auf, wird in den letzten Jahren aber häufig auch bei ökologischen Fragen – gerade im Zusammenhang mit dem Klimawandel – verwendet. Nun geht es also auch um Resilienz in der Stadtentwicklung. Urbane Resilienz meint dabei die Fähigkeit von Städten, auf Krisen und Katastrophen widerstandsfähig zu reagieren und sich gleichzeitig weiter in Richtung Nachhaltigkeit umzugestalten. Die resiliente Stadt soll robust und anpassungsfähig sein. Das umfasst im wissenschaftlichen Diskurs Eigenschaften wie Nähe, Redundanz, Agilität und Multifunktionalität, aber auch Fähigkeiten zur Reaktion, zur Innovation oder zur Erholung.

Aber was bedeutet das in der kommunalen Praxis? Ganz vordergründig bedarf es einer deutlich besseren Zusammenführung von Maßnahmen der Stadtentwicklung und des Risiko- bzw. Krisenmanagements. Das passiert nämlich bisher kaum, wie man vielleicht an dem einem oder anderen technischen Bauwerk des Hochwasserschutzes erahnen kann.

Die Corona-Pandemie hat uns aber auch gezeigt, dass funktionsfähige und lebenswerte Städte unter Krisenbedingungen vieles von dem benötigen, was bereits bisher in der integrierten Stadtentwicklung diskutiert wird: Nutzungsmischung, kurze Wege zu Nahversorgung, Kita und Schule, mehr öffentliche Grünflächen, ausreichend große und bezahlbare Wohnungen, gute Rad- und Fußwegeverbindungen und vieles mehr. Wenn man diese Erkenntnisse in der lokalpolitischen Diskussion geschickt nutzt, kann die Lebensqualität in den Städten deutlich verbessert werden. Und es wird noch deutlicher, dass es einer aktiven kommunalen Bodenpolitik bedarf. Denn mehr Grün, redundante Infrastrukturen und Raum für Unvorhergesehenes braucht eine Vorsorge an kommunal verfügbaren Grundstücken.

Die Rolle des Quartiers

Zu den Empfehlungen des Memorandums gehört aber auch, dass Städte die Quartiersebene stärker in den Fokus der Stadtentwicklung nehmen und dabei die Partizipation und Koproduktion von Zivilgesellschaft stärken müssen. Genau an dieser Stelle arbeitet auch „Wir im Quartier“ und ist beispielgebend dafür, wie genau diese Verknüpfung von zivilgesellschaftlichen Engagement und Verwaltungshandeln im Quartier funktionieren kann. Im Memorandum steht dazu:

„Eine besondere Rolle kommt gerade in Krisensituationen dem Quartier zu. Quartiere sind räumliche „Zwischenebenen“ der direkten Betroffenheit, des Engagements von unten und der Regulation von oben, die Bühnen für kreatives, experimentelles und urbanes Handeln darstellen, und wo sich Zivilgesellschaft selbst organisiert und die eigene Stadt mitgestaltet. Wenn ein Zugehörigkeitsgefühl mit dem Quartier vorhanden ist, kann das zu einem lebendigen und reagiblen sozialen Umfeld beitragen, das im Krisenfall zu einer wichtigen lokalen Ressource werden kann.“

„Eine resiliente Stadt fußt maßgeblich auf einer mündigen und handlungsfähigen Gesellschaft. Diese kann nur erreicht werden, wenn Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft, Wissenschaft, der Politik, der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften, der Sportvereine und der Verwaltung mitwirken und zusammenarbeiten […] Koproduktion ist ein grundlegender Baustein, um lokale Innovationen zu fördern – und letztlich auch flexibel auf Belastungssituationen reagieren zu können. Eine intensive und befähigende Zusammenarbeit vermag es, lokale Kenntnisse und Ideen mit öffentlicher Akzeptanz, Ressourcen und Umsetzungsfähigkeit zu vereinbaren. So kann vorhandenes Engagement aufgefangen und unterstützt und neues Engagement gefördert werden.“

In diesem Sinne stärkt „Wir im Quartier“ die urbane Resilienz in Leipzig. Menschen, die etwas in ihrer Nachbarschaft im Sinne des Gemeinwohls ändern wollen, werden bei ihrem Engagement unterstützt. Sie finden Rückhalt durch den Stadtbezirksbeirat, Wege des konkreten Zusammenwirkens zwischen Verwaltung und Akteuren werden geschaffen. Dadurch entstehen Netzwerke, die auch in Krisensituationen im Quartier funktionieren, wie die Stiftung „Ecken wecken“ schon zu Beginn der Pandemie mit einer Plattform für die nachbarschaftliche Hilfe im Stadtteil gezeigt hat.

Autor: Stefan Heinig

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