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Vom Zusammenhang politischer Papiere und lokaler Praxis

Veröffentlicht am 06. Mai 2021
Bild Neue Leipzig Charta
Foto: eu2020.de

„Wir im Quartier“ ist ein spannender Organisationsansatz, mit dem Ideen und Engagement im Leipziger Westen zum konkreten gemeinwohlorientierten Handeln werden. Zur gleichen Zeit, in der Lösungs- und Unterstützungsteams an Projekten wie LEIPZIG GIESST oder einem Slackline-Park arbeiten, entstehen auf europäischer und nationaler Ebene bedeutungsschwere Papiere.

So wurde zum Beispiel Ende 2020 die „Neue Leipzig Charta“ von den für Stadtentwicklung verantwortlichen EU-Minister*innen beschlossen. Nun kann man meinen, lass „die da oben“ reden, wir schaffen hier lieber konkrete Lösungen. Aber das unterschätzt die Relevanz nationaler und europäischer Beschlüsse für das konkrete Handeln vor Ort. Den Zusammenhang möchte ich gern kurz erklären.

Leipziger Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt

Die „Leipziger Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt“ wurde 2007 während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft erstmals beschlossen. Das EU-Ministertreffen fand nicht nur in Leipzig statt, sondern der Impuls für die Charta kam auch aus Leipzig. Denn kurz zuvor waren sowohl der Leipziger Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee als auch der Stadtentwicklungsdezernent Engelbert Lütke Daldrup als Minister und Staatssekretär in die Bundesregierung gewechselt. Und dahin haben sie ihre Leipziger Erfahrungen mit integrierter Stadtentwicklung mitgenommen. Mit der Leipzig Charta haben sich erstmals alle europäischen Länder zu dem Prinzip eine fachübergreifenden und partizipativen Stadtentwicklung und zur Unterstützung benachteiligter Stadtteile bekannt.

Im Zuge der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 wurde die Charta erneut diskutiert und weiterentwickelt. Dazu gab es im Vorfeld einen nationalen und internationalen Beteiligungsprozess. Und aus diesem Beteiligungsprozess heraus ist u.a. der Impuls gekommen, dass das Prinzip der Gemeinwohlorientierung von Stadtentwicklung in die Leipzig Charta gehört. Diesen Impuls hat Albert Geiger aus Ludwigsburg eingebracht, der aus seiner lokalen Praxis nachhaltiger Stadtentwicklung heraus deutlich machte, wie wichtig dieses Signal der Gemeinwohlorientierung von Stadtentwicklung für örtliche Politik und Initiativen ist. Und im Ergebnis des Prozesses wurde dies mit der Neuen Leipzig Charta auch von allen Minister*innen so beschlossen.

Und welche Relevanz hat die Leipzig Charta nun vor Ort in Leipzig?

Auf Bundesebene ist sie eine Grundlage zur inhaltlichen Ausrichtung der nationalen Stadtentwicklungspolitik. Diese stellt u.a. Fördermittel für innovative, partizipative und kooperative Stadtentwicklungsprojekte zur Verfügung und kümmert sich um den Erfahrungsaustausch zwischen Städten und Initiativen. In Leipzig wurden in den letzten Jahren damit mehr innovative Projektideen gefördert als in jeder anderen Stadt.

Aus der Nationalen Stadtentwicklungspolitik ergibt sich aber auch die inhaltliche Ausrichtung der Städtebauförderung. Mit der Städtebauförderung werden seit 50 Jahren Quartiersentwicklungen gezielt gefördert. In Plagwitz sind in das Sanierungsgebiet über mehr als 2 Jahrzehnte Städtebaufördermittel geflossen. Damit konnten u.a. die Radwege auf den ehemaligen Gleisanlagen, die Sicherung gefährdeter Gebäude oder der Stadtteilpark Plagwitz finanziert werden. Darüber hinaus wurden Projekte im Leipzig Westen aus dem Städtebauförderprogramm Stadtumbau gefördert, u.a. die Entwicklung des Bürgerbahnhofes.

Die Leipzig Charta dient aber auch als eine Art fachlicher „Standard“ für gute Stadtentwicklung. Sie ist keine DIN-Norm, die Städte erfüllen müssen, aber im Diskurs zwischen Akteuren, Verwaltung und Politik kann man sich auf die Prinzipien und Schwerpunkte berufen. Man muss nicht immer wieder neu begründen, warum Koproduktion, Partizipation und integriertes Arbeiten sinnvoll ist.

Zum Schluss möchte ich festhalten

Stadtentwicklung braucht beides – gute und beispielhafte Lösungen und Initiativen vor Ort im Quartier und politische Papiere und Prozesse, die systemisch das Handeln von Städten beeinflussen.

Autor: Stefan Heinig

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